Der Nicht-Bericht über die digitale Stadt

Mir ist ein kleiner Fehler passiert. Es wurde im Verwaltungsausschuss bzw. Stadtrat beschlossen, dass jeder Beauftragte aus seinem Bereich berichtet. Mein Zeitpunkt wäre der erste Verwaltungsausschuss nach den Sommerferien, also nächste Woche. Ein kleines Detail hatte ich nicht beachtet, nämlich, dass dies erst ab 2021 gilt. Somit habe ich nun einen Bericht, den ich nächste Woche wohl nicht vortragen werde. Bevor dieser aber im Papierkorb landet, möchte ich diesen zumindest anderweitig veröffentlichen: Von der deutschen Politik wurde die Digitalisierung als Zukunftsthema bezeichnet. Und genau hier beginnt das Problem: Die Digitalisierung ist die Gegenwart und sicherlich nicht erst die Zukunft. Deutschland hat sie bisher nur massiv verschlafen. Das fängt mit den Leitungen in der Erde an und hört bei digitalen Konzepten für Schüler auf. Es fehlt in meinen Augen eigentlich überall und mit schlecht geplantem Aktionismus wie dem Digitalpakt oder einer Verpflichtung für Kommunen für digitale Services wird es nicht besser, im Gegenteil, der Druck wird erhöht und es fehlt weiter am Wichtigsten: Durchgängige Konzepte. Städte wie Kaufbeuren stehen hier vor einer größeren Herausforderung die Digitalisierung zu meistern als andere Städte, denn Digitalisierung lässt sich nur mit entsprechendem Budget, CAPEX wie auch OPEX sowie den zugehörigen Mitarbeitern meistern.

Und so möchte ich Herrn Wittek, dem IT-Leiter der Stadt Kaufbeuren und seinem Team für die bisher geleistete Arbeit bei dieser großen Herausforderung danken und den Stadtrat um die Bereitstellung benötigter Mittel bitten, denn gerade in dieser schweren Zeit, die eine weitere Digitalisierung erfordert, ist es wichtig, diese weiter voran zu bringen, damit auch bei uns die Digitalisierung zur Gegenwart wird. In meiner Rolle als Beauftragter „Digitale Stadt“ versuche ich hierbei zu unterstützen. Weniger bei den Verwaltungsaufgaben sondern viel mehr als Schnittstelle zwischen Bürgern, Wirtschaft und der Stadt. Auch ist „ich“ nicht korrekt, denn korrekt wäre „wir“. Wir, das sind zunächst das aktuelle Digitalteam aus Generation KF und Kaufbeurer Initiative e. V. und künftig hoffentlich auch Bürger und Unternehmen, denn der Beauftragte „Digitale Stadt“ ist keine One-Man-Show und kann es auch gar nicht sein. (Nebenbei bemerkt, möchte ich mich an dieser Stelle für die herausragende Zusammenarbeit mit der Generation KF bedanken).

Wie schon in der ursprünglichen Beschreibung des Beauftragten erwähnt, soll dieser als Schnittstelle dienen. Aber wo genau wollen wir hin? Was wird gewünscht, was nicht? In meiner beruflichen Position als Vollblut-Informatiker verstehe ich das vielleicht anders als weniger IT-affine Personen. Daher ist gerade anfänglich die Kommunikation die Basis für diese Rolle. Dies erfolgte z. B. bereits über eine sehr interessante Diskussion mit Zehntklässlern der Jörg-Lederer-Mittelschule und soll auch künftig auf weitere Schulen wie auch digitale Stammtische ausgeweitet werden. Zunächst gilt es, Bürger und Unternehmer abzuholen, um Ideen und Anregungen zu erhalten. Über Möglichkeiten der Umsetzung kümmert sich dann das Digitalteam in Zusammenarbeit mit der Stadt. Aber nicht immer muss hier die Verwaltung involviert sein, es kann auch andere Konzepte geben. Eines ist z. B. das Konzept zur digitalen Förderung des lokalen Einzelhandels. An diesem, in einer anderen Stadt bereits erfolgreich umgesetzt, wird aktuell gearbeitet. Gleiches gilt auch für ein Konzept für mehr digitale Transparenz. Hierzu wird es demnächst Neuigkeiten geben.

In den ersten Wochen des neuen Schuljahres möchte ich auf weitere Schulen zugehen, um auch mit diesen Diskussionen analog der Jörg-Lederer-Mittelschule zu führen. Die Themen hierbei gaben die Schüler selbst vor. Jeder Schüler schrieb zwei Digital-Themen, die ihn interessieren, auf jeweils einen Karton. Diese wurden dann über Punktevergabe der Schüler priorisiert und entsprechend thematisiert. Das Ergebnis war eine rege Diskussion, die auch mir persönlich viel brachte. So kam z. B. heraus, dass auch Zehntklassschüler eine Digitalisierung nicht auf allen Ebenen befürworten. Sie sehen Smartboards recht skeptisch; Aus dem einfachen Grund, dass zum einen kaum Lehrkräfte damit umgehen können und zum anderen der Unterricht dadurch zu komplex wird. Auf der anderen Seite erachten sie digitale Services als wichtig; Das Beispiel der Buron-App kam sehr gut an, hier zeigte sich nur das Problem, dass die App sämtlichen Schülern und auch der betreuenden Lehrkraft unbekannt war. Ursache ist, dass die Schüler keine klassischen Medien konsumieren, sondern sich über soziale Medien informieren. Hier müsste die Stadt Kaufbeuren besser ansetzen, aber auch bei dieser Thematik ist ein Ressourcenproblem vorhanden. Wie schon erwähnt, sollen nicht nur Schüler sondern auch Bürger und die Wirtschaft abgeholt werden.

Als erstes Mittel sollen regelmäßige Digital-Stammtische stattfinden. Dies zunächst, entgegen des aktuellen Trends physisch und nicht virtuell. Hintergrund ist, dass die Erfahrung zeigt, dass in Videokonferenzen sich Teilnehmer deutlich passiver verhalten als bei einer physischen Zusammenkunft vor Ort, aber die Teilnehmer sollen eben zur aktiven Diskussion animiert werden. Aus diesem Grund ist die Idee, dass diese Treffen erst einmal in kleiner Runde unter Berücksichtigung der aktuellen Hygienemaßnahmen stattfinden. Je nach Entwicklung werden diese dann entsprechend ausgeweitet. Sobald die ersten Termine feststehen, werden diese mitgeteilt. Vor uns liegt ein langer Weg und ich hoffe, dass der Stadtrat wie auch die Verwaltung uns in diesem Vorhaben unterstützen. Sollte es Anregungen oder Ideen aus dem Stadtrat geben, so stehe ich sehr gerne zur Verfügung, was natürlich auch für jeden Bürger in Kaufbeuren gilt. Denn die Digitalisierung ist eine Aufgabe für uns alle. Vielen Dank!